Der Vorteil, wenn man kein TV hat: "Deutschland sucht den Superstar", "Dschungelcamp" und "Frauentausch", also all jene merkwürdigen Beschäftigungstherapien und Beruhigungsmittel für die Bundesbürger, gehen völlig an einem vorbei, und man hält den Geist frei für die wichtigen Dinge des Lebens (Ficken, fressen, schlafen). Der Nachteil: Man verpasst das Austerben der Formate, in diesem Fall: den Tod des Daily Talk.
Ich war ehrlich geschockt, als ich neulich die Fernsehzeitung durchforstete und feststellen musste, dass der gute alte Mittagskrawall-mit-Moderator so gut wie nicht mehr existiert! Einzig und allein Britt, diese skandinavische Schönheit, talkt nach wie vor in der gleichnamigen Show ab 13 Uhr für eine Stunde herum, sie hält sozusagen einsam die Flamme des mittäglichen Phrasendreschens in den Himmel, der von Doku-Soaps à la "We are Family verdunkelt wird (jaja, ich hab heut wieder meinen metaphorischen).
Mit den Talkshows verhielt es sich freilich so wie mit allem: ein Affe machts vor, tausend Affen machen es nach. Seit Ilona Christen auf RTL erste Erfolge in den Quoten verbuchen konnte, überfluteten die Privatsender den Nachmittag mit ihren Peter Imhofs, Pilawas, Franklins, Veras, Rickys, Oli Geißens und wie diese abgehalfterten Moderatoren-Pappkameraden alle hießen, was natürlich zur Folge hatte, dass dem Zuschauer das ewige inhaltsleere Gebrabbel irgendwann mächtig auf den Sack ging - zumal die deutschen Talkshows längst nicht den krawalligen Gladiatorenkampf-Charakter von amerikanischen Formaten à la Jerry Springer hatten und demzufolge weniger dem inneren Schweinehund die Eier kraulten. Hierzulande musste man sich mit Unterschichts-Beziehungskisten und verschwitzten Altmänneraufgeil-Themen der Marke "Ich werde Pornostar" oder "Schlampe: Du hast mir den Mann ausgespannt" vorlieb nehmen. Soweit, so gut.
Klar: Der "Talk" stand immer ganzganzganz weit hinter der "Show", aber anders ging es ja auch nicht. Es wurde zwar viel geredet, aber es kam immer mehr auf den Unterhaltungscharakter, die Lautstärke an, im Grunde hätte man das Format auch "Freakshow" nennen können, spätestens ab dem Zeitpunkt, als den hungrigen Talkshows die Normalkandidaten ausgingen und sie auf gecastetes Menschenmaterial zurückgreifen mussten. Das nahm dem Ganzen noch mehr von der ohnehin kläglichen Authentizität, verstärkte aber nochmals den Showcharakter und ja, man muss es einfach so sagen: es war immer wieder ein Vergnügen, wie die Talkshow-Hintermänner, als sie merkten dass die Quoten zurückgingen, immer härtere Konflikte auffuhren, um den Zuschauer bei Stange zu halten, die Freaks wurden freakiger, die Titten wurden größer, die Themen wurden dämlicher.
Und jetzt, wie gesagt, kämpft da eine einsame Britt werweißwielangenoch um ihre eine Stunde tägliches Geschwafel. Ich hege große Sympathien für Britt Hagedorn, in erster Linie weil sie einfach eine geile Sau ist, aber auch weil mich dieses Gute-Alte-Talkshow!-Gefühl ganz nostalgisch macht - auch wenn von "Gute alte Talkshow" nicht viel zu sehen ist, es geht dort schließlich nur noch um Vaterschafts- und Lügendetektortests.
Aber gut. Ich bin gespannt wann ich den Abgesang auf die Doku-Soaps schreiben kann, das wird vermutlich noch etwas dauern, aber mir auch bedeutend mehr Spaß machen!
Wenn das SEK vor der Tür steht
vor 16 Jahren