Mittwoch, 2. Dezember 2009
Halt durch, Britt!!!
Ich war ehrlich geschockt, als ich neulich die Fernsehzeitung durchforstete und feststellen musste, dass der gute alte Mittagskrawall-mit-Moderator so gut wie nicht mehr existiert! Einzig und allein Britt, diese skandinavische Schönheit, talkt nach wie vor in der gleichnamigen Show ab 13 Uhr für eine Stunde herum, sie hält sozusagen einsam die Flamme des mittäglichen Phrasendreschens in den Himmel, der von Doku-Soaps à la "We are Family verdunkelt wird (jaja, ich hab heut wieder meinen metaphorischen).
Mit den Talkshows verhielt es sich freilich so wie mit allem: ein Affe machts vor, tausend Affen machen es nach. Seit Ilona Christen auf RTL erste Erfolge in den Quoten verbuchen konnte, überfluteten die Privatsender den Nachmittag mit ihren Peter Imhofs, Pilawas, Franklins, Veras, Rickys, Oli Geißens und wie diese abgehalfterten Moderatoren-Pappkameraden alle hießen, was natürlich zur Folge hatte, dass dem Zuschauer das ewige inhaltsleere Gebrabbel irgendwann mächtig auf den Sack ging - zumal die deutschen Talkshows längst nicht den krawalligen Gladiatorenkampf-Charakter von amerikanischen Formaten à la Jerry Springer hatten und demzufolge weniger dem inneren Schweinehund die Eier kraulten. Hierzulande musste man sich mit Unterschichts-Beziehungskisten und verschwitzten Altmänneraufgeil-Themen der Marke "Ich werde Pornostar" oder "Schlampe: Du hast mir den Mann ausgespannt" vorlieb nehmen. Soweit, so gut.
Klar: Der "Talk" stand immer ganzganzganz weit hinter der "Show", aber anders ging es ja auch nicht. Es wurde zwar viel geredet, aber es kam immer mehr auf den Unterhaltungscharakter, die Lautstärke an, im Grunde hätte man das Format auch "Freakshow" nennen können, spätestens ab dem Zeitpunkt, als den hungrigen Talkshows die Normalkandidaten ausgingen und sie auf gecastetes Menschenmaterial zurückgreifen mussten. Das nahm dem Ganzen noch mehr von der ohnehin kläglichen Authentizität, verstärkte aber nochmals den Showcharakter und ja, man muss es einfach so sagen: es war immer wieder ein Vergnügen, wie die Talkshow-Hintermänner, als sie merkten dass die Quoten zurückgingen, immer härtere Konflikte auffuhren, um den Zuschauer bei Stange zu halten, die Freaks wurden freakiger, die Titten wurden größer, die Themen wurden dämlicher.
Und jetzt, wie gesagt, kämpft da eine einsame Britt werweißwielangenoch um ihre eine Stunde tägliches Geschwafel. Ich hege große Sympathien für Britt Hagedorn, in erster Linie weil sie einfach eine geile Sau ist, aber auch weil mich dieses Gute-Alte-Talkshow!-Gefühl ganz nostalgisch macht - auch wenn von "Gute alte Talkshow" nicht viel zu sehen ist, es geht dort schließlich nur noch um Vaterschafts- und Lügendetektortests.
Aber gut. Ich bin gespannt wann ich den Abgesang auf die Doku-Soaps schreiben kann, das wird vermutlich noch etwas dauern, aber mir auch bedeutend mehr Spaß machen!
Samstag, 28. November 2009
Anmachspruch
Mittwoch, 25. November 2009
Ein normaler hirntoter Tag
Für all die Atzen, die sich fragen wie denn ein normaler, hirntoter Tag aussieht, hier ein kleiner Einblick von gestern…
Ca. 13 Uhr: Aufgewacht (nicht zu verwechseln mit „Aufgestanden“!), TV eingeschaltet, Frühstück im Bett (Kaffee und einen Pott Haferflocken in Milch mit Zucker & Kokosraspeln), dabei „Britt“ geguckt, sich über die hirnamputierten Vollidioten dort lustig gemacht und selber cool und überlegen gefühlt. Und Britts Arsch bewundert – eine geradezu phantastische Mutti!
14:00 Uhr: Aufgestanden, Hirntot-Forum (www.hirntot-forum.de), E-Mails (schwartz@hirntot-records.de) & Myspace (www.schwartzrap.de) gecheckt, Fan-Post beantwortet (oder auch nicht – je nach Laune)
14:30 Uhr: Am Hirntot-Roman gearbeitet (coming soon), recht gut vorangekommen, so etwa 50% des Dings sind fertig. Beim Schreiben ca. 2 Thermoskannen Kaffee versoffen.
16:00 Uhr: Zwischenzeitlich mit Queen Katha (Drama Muzick) gelabert & Feature vereinbart, anschließend weiter am Roman gearbeitet.
17:00 Uhr: Mit Blokkmonsta zum Postfach. Neues Schreiben der BPJM erhalten (Inhalt top secret!), ein paar Getränke eingekauft (Eistee in verschiedenen Geschmacksrichtungen).
18 Uhr: Antwortschreiben für die BPJM aufgesetzt, zugunsten der „Simpsons“ aber um eine Stunde verschoben.
19 Uhr: Antwortschreiben für die BPHM aufgesetzt & fertiggestellt.
19:30 Uhr: Mit dem Cutter der „Im Fadenkreuz“-DVD gesprochen, das Teil ist fast fertig, ein paar Dinge müssen noch korrigiert werden… aber freut euch schon mal drauf!
20 Uhr: Mittagessen (Shawarma mit Rind) beim Libanesen um die Ecke. Sehr gut!
21 Uhr: Chilltime. „Untergrund“ von Blokk & Arzt ein wenig gehört, Hirntot-Forum (www.hirntot-forum.de), E-Mails (schwartz@hirntot-records.de) & Myspace (www.schwartzrap.de) gecheckt, außerdem auf mzee.com & hiphop.de über die irgendwelche Neuigkeiten aus der „Hiphop-Szene“ informiert.
22 Uhr: Weiter am Roman gearbeitet (alles was ich heut Mittag geschrieben habe überarbeitet, besonders die Dialoge…)
ca. 23:30 Uhr: Mit Blokkmonsta ne Idee für ein weiteres gemeinsames Colabo-Album gehabt.
23:31 Uhr: Colabo-Album angefangen aufzunehmen…
1:30 Uhr: … und fertiggestellt! Haha, nein. Zurück zu 23:30 Uhr: Ideen notiert und in den proppenvollen „Projekte Irgendwann“-Ordner verschoben. Danach weiter am Roman gearbeitet, nebenher auf Myspace gechilltt.
1:30 Uhr (jetzt aber wirklich): Mit Blokkmonsta zur Currybude an der Ecke gelatscht und eine Zwischenmahlzeit eingenommen. Dann wieder zurück und weiter am Roman gearbeitet, allerdings mit sinkender Konzentration.
2:30 Uhr: Ein paar Songzeilen aufgeschrieben und in irgendeiner Datei gespeichert (finde ich allerdings nicht mehr wieder).
2:35 Uhr: Mit paar nachtaktiven Atzen in MSN gelabert… nebenher am Roman gearbeitet (langsam wird’s langweilig, hahaha).
5 Uhr: Richtung Bett gechillt, TV eingeschaltet, irgendwelche witzlosen Sitcoms geschaut, dabei Abendessen (ein Stapel Brote mit Mett, Salami, jungem Gouda, dazu stilles Wasser mit Pfirsichgeschmack).
6 Uhr: Schlafenszeit!
Donnerstag, 6. August 2009
Tipps für Rap-Newcomer
1. Keiner wartet auf dich
Es ist vielleicht symptomatisch für eine Musikrichtung, die mehr oder minder aus lyrischen Schwanzvergleichen heraus entstand, dass von Rappern erwartet wird mit dem Selbstbewusstsein eines Kingkong durch die Gegend zu stapfen und lauthals zu verkünden, dass man das sog. "Game" nun vollends ficken wird, dass alle Haster sich zurückziehen können und man für Hiphop in ungefähr das ist, was Jesus fürs Christentum war. Verabschiede dich von dem Gedanken. Mach dir bewusst, dass keiner auf dich wartet, dass es sicherlich nicht noch einen Rapper braucht, der der Welt ungefragt seine Meinung oder seine Biographie um die Ohren klatscht. Schau dich auf Myspace um: es gibt mehr Rapper als Kfz-Mechaniker in Deutschland. Jeder Raphörer versucht sich früher oder später auch mal an der Sache, und du bist nicht anders. Du bist bloß einer von vielen, nichts besonderes. Das ist hart, aber die Wahrheit, leb damit und nimm es als Grundlage für alles weitere.
2. Vernachlässige den Text, bau auf deine Stimme
Aus irgendeinem Grund hat Rap den Ruf, dass die Texte das wichtigste seien. Das mag dran liegen, dass es in keiner anderen Musikrichtung mehr Text gibt als hier und bei manchen Storytellern oder akrobatischen Reimspielereien ist ein guter Text unerlässlich, aber ein Anfänger kann auf den Text getrost scheißen. Aus diesem Grund kannst du dich auch aus diesen merkwürdigen Freetype-Foren fernhalten, also Internetforen, wo man sich Battles per getippten Textzeilen liefert. Das ist ein netter Zeitvertreib, aber hat mit Rap nichts zu tun. Rap funktioniert nicht über die Schrift, sondern über den Sound, und damit meine ich nicht das Geklacker der Tastatur. Das erste, was ein Hörer von dir wahrnehmen wird, noch bevor der Sinn des Textes an sein Ohr gedrungen ist, ist deine Stimme und deine Vortragsweise, also der Flow. Das bedeutet: Arbeite an deiner Stimme. Klar, nicht jeder ist mit einer guten Stimme gesegnet, aber es kommt nicht drauf an Barry-White- oder Leonard-Cohen-mäßig gefällig zu klingen, sondern stimmlich aufzufallen. Legendäre Rapper wie B-Real von Cypress Hill, Eazy-E, Flavour Flav oder auch Busta Rhymes haben alles andere als gefälllige, aber dafür umso markantere Stimmen. An deiner Stimme groß etwas ändern kannst du nicht, aber du kannst lernen sie einzusetzen. Experimentiere herum, nimm dich in unterschiedlichen Stimmlagen auf und höre es mir anschließend an, schau, was dir selber am Besten gefällt. Und keine Angst vor dem Mikrofon: dem macht es nichts aus, wenn du es anschreist. Das größte Manko von Anfängern ist Unsicherheit oder Angst vor dem Mikrofon, halbgeflüstertes, eierlos klingendes Genuschel. Versuche nicht krampfhaft anders zu klingen, mach was dir gefällt, aber achte drauf, dass deine Stimme nicht wie jede andere klingt. Und wenn du halt eine gelangweilte Stimme hast, dann kultiviere diese Langeweile stimmlich. Ich bin sicher, du weißt was ich meine.
3. Steh zu deinen Vorbildern und entwickle deinen eigenen Stil
Jeder hat Vorbilder, das ist ganz normal. Wer behauptet keine Vorbilder zu haben, will sie lediglich nicht wahrhaben, und betrügt somit sich selbst und den Hörer. Klar werden deine ersten Rapversuche maßgeblich von deinen Vorbildern beeinflusst sein - das ist ganz natürlich. Aber solange deine ersten Rapversuche nicht an die Öffentlichkeit kommen, ist das egal. Studiere den Rap deiner Vorbilder. Dass sie dir gefallen ist klar, aber WARUM gefallen sie dir? Finde es heraus und du kannst dich von ihrem Einfluss freimachen. Lass dich ruhig weiterhin von ihnen inspirieren, verwende Teile ihrer Texte oder Flows und baue sie als kleine Hommage in deine eigenen ein, aber mach nicht den Fehler zu kopieren oder nachzuahmen. Entwickle deinen eigenen Stil. Das kann mitunter ein langwieriger Prozess werden, aber wenn du nicht einer von vielen Imitaten sein willst, ist es notwendig. Dein eigener Stil ist das einzige, was dich von anderen abhebt. Viel mehr Worte kann ich dazu nicht sagen, vielmehr Tipps auch nicht geben, es ist schließlich DEIN Stil.
4. Halte deinen Stuff zurück
Der Hörer wird am Ende nicht wissen, dass du drei Nächte am Stück an diesem einen Part gesessen hast, ihn zehnmal neu aufgenommen hast, er wird nicht sehen, wie du stundenlang an den Backups herumexperimentiert hast. Der Hörer wird nachher nur feststellen, dass du halt in der dritten und achten Zeile offbeat bist und den Track scheiße finden und abhaken. Halte dich also zurück. Wenn du nicht mit einem natürlichen Taktgefühl gesegnet bist, übe dich in Rhythmik. Einer der größten Fehler von Anfängern ist, dass sie so stolz auf ihren fertigen Track sind, dass sie vor lauter Fassungslosigkeit nicht merken dauernd neben dem Takt zu sein oder stimmlich zu verkacken. Die vernichtenden Kritiken treffen sie dann umso härter. Also: übe, übe, übe, und wenn du halt diese eine Stelle mit dem Text auch beim achtunddreißigsten Mal nicht ohne zu Holpern hinkriegst, dann versuche es ein neununddreißigstes Mal. Und sei beruhigt: mit der Zeit wird dein Rhythmus- und Taktgefühl sich schärfen, das liegt in der Natur der Sache. Später wird das alles routinierter, später brauchst du keine vierzig Anläufe mehr für eine Strophe. Aber jetzt eben schon. Nimm dir die Zeit, wenn du nicht einer von vielen sein willst. Die Hörer, denen du nachher ungefragt deine Ergüsse servieren wirst, werden es dir danken. Damit kommen wir auch direkt zum nächsten Punkt.
5. Scheiß auf das Feedback
Dank Myspace und Internet-Rapforen kann man sich innerhalb kürzester Zeit von einer anonymen Öffentlichkeit Kritik und Feedback einholen, und wie man gemeinhin sieht, wird diese Möglichkeit auch gerne genutzt. Aber bitte nicht von dir. Du brauchst kein Feedback. Dein Track ist ein Angebot für eine potenzielle Hörerschaft, es ist dein Track, du stehst dahinter, du weißt genau warum du den Track so und nicht anders gemacht hast. Feedback à la "Der Reim da ist doof und dort solltest du lieber dies machen" ist sinnlos, denn du weißt warum du diesen doofen Reim da benutzt hast und dass du es ganz bestimmt nicht anders machen wolltest. Du kennst deinen Stil und stehst dahinter. Wenn du auf andere angewiesen bist, die dir dann sagen, dass du offbeat bist oder deine Stimme nach undeutlichem Gewisper klingt, dann ist es zu früh für eine Veröffentlichung. Wenn dir Reime egal sind, werden die Hörer dich sicherlich auf deine billigen "Rhymes" aufmerksam machen, aber es kann dir egal sein, weil du mit anderen Maßstäben an die Sache gehst. Deine Tracks werden nicht jedem gefallen, Geschmäcker sind eben verschieden. Also frage nicht nach Feedback, du kennst weder die Kompetenz der Internetuser noch ihren Geschmack, es wird dir in keinem Falle helfen.
6. Sei realistisch
Okay, du hast nun deinen ersten Track fertig, der Text ist unfallfrei eingerappt, er ist untegrrundmäßig, aber anhörbar abgemischt worden und nun hau ihn raus, auf welche Art auch immer. Aber sei realistisch. Denk an Punkt 1, es wartet immer noch keiner auf dich, du bist nach wie vor einer von vielen.
Beweise ihnen das Gegenteil!
Viel Erfolg!
Sonntag, 17. Mai 2009
Rap und Geld
Reicht dir das? Einer von Tausenden zu sein? Wenn ja, wirst du noch ein paar Free EPs machen und irgendwann das Interesse an Rap verlieren, du wirst Ausbildung/Schule/Studium zu Ende bringen, einen Beruf ergreifen, und dein Traum von einer Rap-Karriere ist irgendwann verblasst, irgendwo abgeheftet zwischen "Traumberuf Astronaut" und dem Lottogewinn.
Man sagt ja auch, man solle aufhören, wenne s am Schönsten ist. Aber es reicht dir nunmal nicht, Free-EPs genügen dir nicht mehr, du willst mehr. Das liegt in der Natur der Sache. Du denkst natürlich nicht ans Geld, aber dein Traum von der CD im Media-Markt, dem Auftritt vor tausenden begeisterten Fans, sitzt dir im Nacken und treibt dich an. Die Kommentare deiner Hörer werden überschwänglicher, "Der hat's voll drauf", "aus dem könnte was werden" usw., alles Dinge, die dich bestätigen. Du stellst ein Demo zusammen, verschickst es an ein Fachmagazin, an Labels. Es gibt keinerlei Resonanz, aber damit hast du gerechnet, also machst du weiter, noch eine Free-EP, ein Auftritt, ein neues Demo. Du willst dranbleiben, denn die meisten geben an dieser Stelle auf, sie verlieren den Spaß an der Sache, hassen das "Game", die angebliche Korrumpiertheit der ganzen verfickten CEOs und Redakteure, die ihre Genialität nicht erkennen wollen, sie machen Ausbildung/Schule/Studium zu Ende, ergreifen einen Beruf und hören nur noch Schlager, die alten Rap-CDs werden auf Ebay vertickt.
Aber zu denen gehörst du nicht. Du bist beharrlich, du bleibst dabei, dein Traum treibt dich an.
Und dann geschieht einer dieser Zufälle, du lernst jemanden kennen, der jemanden kennt, irgendein Praktikant bei einem Magazin entdeckt dein Demo im Mülleimer und schiebt es aus Langeweile ein, ist begeistert und gibt es weiter, whatever: irgendetwas passiert, was dir das Gefühl gibt, voranzukommen, du bekommst eine Chance. In einem Fachmagazin wirst du in einem Nebensatz als Geheimtipp erwähnt, du bist der Ohnmacht nahe. Deine Hörer, Fans, was auch immer, freuen sich für dich, sie warten gespannt auf neuen Stoff von dir, du recordest neue Tracks, gibst dir Mühe, du willst es allen Beweisen.
Ein Label wird auf dich aufmerksam, wahrscheinlich ein kleines, natürlich kein Major, aber das ist dir egal, du bekommst so etwas wie einen Deal, die Konditionen sind dir scheißegal, hauptsache es geht vorwärts. Du bringst ein Mixtape oder eine EP raus, sie steht nicht im Media-Markt, aber es ist ein Anfang. Du wirst gebucht, trittst vor ein paar Leuten auf, du wirst gefeiert, du kannst es kaum fassen. In der Zeitschrift haben sie dich als "Newcomer-Geheimtipp" klassifiziert, sie bringen einen Artikel über dich, vielleicht ein kleines Interview, deine EP bzw. das Mixtape werden positiv besprochen, du fühlst dich wie Gott. Deine Fans feiern dich, sie lieben deinen Scheiß, sie verbreiten ihn im Freundeskreis, dein Deal sieht ein Album vor, eines, was auch im Media-Markt stehen wird, du machst dich dran, du arbeitest hart, du willst es allen beweisen.
Dann erscheint dein Album, und dein Traum ist erfüllt, du gehst zum Media-Markt, da steht es, du fühlst dich wie Gott, das ist DEIN Album. Es ist dir scheißegal, wieviel du verkaufen wirst, das ist DEIN Album. Eine Fachzeitschrift bespricht es, vielleicht positiv, vielleicht negativ, schlimmstenfalls überschwänglich, denn dann könnte ein Hype generiert werden, und der wäre tödlich, aber davon willst du jetzt sowieso nichts wissen, es ist nicht wichtig. Es wird positiv besprochen, deine Fans sind begeistert, die alten Leute von Myspace schreiben dir, auf einmal wollen sie alle ein Feature mit dir, natürlich wollen sie das, sie erinnern dich daran, dass sie es doch waren, mit denen du damals deine ersten Tracks gemacht hast, aber du antwortest schon gar nicht mehr auf die Mails, es gibt zuviel zu tun, ein paar Auftritte müssen absolviert werden, Album-Promo, das ganze Programm, du bist jetzt ein Teil davon, mit deiner CD im Media-Markt.
Man sagt, man solle aufhören, wenn es am Schönsten ist. Aber du merkst, dass die Erfüllung eines Traumes nur bedeutet, dass neue Träume an die Stelle treten.
Du kannst nicht aufhören, denn ES hört nicht auf, die CD steht bei Media-Markt, eine zweite muss hinterher. Du gibst Interviews, bringst die typischen Antwortphrasen auf typische Fragen, Hiphop ist dein Leben bzw. du scheißt auf Hiphop, je nachdem. Dein Album läuft gut, die Leute sind begeistert, auf einmal reviewt jedes Magazin dein Album, die Leute behandeln dich anders. Auf der Straße wirst du noch nicht erkannt, aber manchmal gucken Leute komisch, so als ob sie dich von irgendwoher kennen. Du bekommst etwas Geld, du freust dich, es ist natürlich nichts im Vergleich zu dem Fame, dem neuen Lebensgefühl als Rapper, aber es ist ein Bonus, kauf dir was Schönes davon.
Du kriegst immer mehr Post, die Leute fragen, wann es neuen Stoff von dir gibt, sie sind verrückt nach dir, du fühlst dich wie Gott. Die alten Leute von Myspace ärgern sich, dass du ihre Mails nicht mehr beantwortest, vor allem der Spast mit dem Headset und ohne Taktgefühl, er schreibt wie scheiße du geworden bist, eine arrogante Sau, aber das ist dir egal, der harte Kern deiner Fans ist da, sie lieben dich und deinen Stil, dein Album läuft gut, du bekommst noch etwas Geld, kaufst dir was Schönes.
Dann werden die Fragen nach dem zweiten Album lauter, man sieht das Potenzial in dir, aus dir könnte was werden, merkwürdige Weiber kommen auf einmal an, die dich vorher mit dem Arsch nicht angeguckt hätten und buhlen um einen Schluck deines Erbguts, du fühlst dich wie Gott, es läuft phantastisch.
Man sagt, man solle aufhören, wenn es am Schönsten ist. Das soll wohl ein Witz sein!
Dein Label meldet sich, ein Major hat Interesse angemeldet. Sie würden dein zweites Album gerne rausbringen, sie sehen Potenzial in dir, sie besorgen die Promo, sie regeln alles. Und du hörst zum ersten Mal das Wort "Vorschuss". Und auf einmal ist auf deinem Konto mehr Geld als jemals zuvor, für nichts, für dein zweites Album, was du noch nichtmal angefangen hast. Du fühlst dich wie Gott.
Die Zeitschriften schreiben, die Erwartungen an dein zweites Werk sind hoch, natürlich sind sie das, aber hey, du hast es schließlich drauf. Du kaufst dir eine Menge schöner Sachen von dem Vorschuss und machst dich an dein zweites Werk, aber du merkst, dass es schwieriger ist, die Erwartungen an dich, die kanntest du schon, aber sie waren nie so erdrückend. Aber das ist egal, dein Major hat die Stadt mit dem Cover deines neuen Albums plakatiert, die Leute, die dich komisch angucken werden immer mehr, manche kommen auf dich zu und sagen "Ey bist du nicht DU?" und du sagst "Ja" und bist stolz, du fühlst dich wie Gott. Du gibst Interviews, du lädst deine Kumpels zum Saufen ein, du hast auf einmal eine Menge neuer alter Kumpels, sie nennen dich "den Starrapper" im Spaß, aber dich beschleicht das Gefühl, dass sie es auch so meinen.
Du hast ein paar Tracks vom zweiten Album fertig, aber es will irgendwie nicht so recht, und auf einmal ruft einer vom Major an, und du lernst nach "Vorschuss" das zweite wichtige Wort kennen, es heißt "Deadline", dein Album muss fertig werden. Na gut, denkst du, scheiß drauf, du kackst ein paar Tracks hin, ein paar namhafte Produzenten werden das schon aufmöbeln.
Man sagt, man solle aufhören, wenn es am Schönsten ist. Aber man kann nicht aus einem Riesenrad steigen, wenn es ganz oben ist.
Dein zweites Album erscheint. Du hattest Pech, denn das erste Album hat einen Hype generiert. Der Jubel in den Fachzeitschriften fällt verhalten aus, naja, es ist okay, aber kommt nicht ans erste Album ran, aber das ist nicht das Schlimme. Deine alten Fans, die dein erstes Album so gefeiert haben, sie werden verdrießlich, das ist irgendwie nicht mehr so wie das Alte, stänkern sie, damals war mehr Herz dabei, das klingt irgendwie nach Geldmacherei, seit du beim Major bist geht's bergab, immer öfter liest du sowas in den einschlägigen Foren und irgendwie machen dir die Beiträge des Spasten mit dem Headset und ohne Taktgefühl auf einmal was aus, wenn er wieder schreibt, er habe es ja schon immer gewusst, du seist 'ne arrogante Sau, deine Mucke wäre richtig kacke und deine neuen Fans sind alles Opfer. Überhaupt, die neuen Fans. Es sind viele, die Promo durch deinen Major hat sie angezogen, sie lieben dich, sie sagen, deine Mucke wär ihr Leben, sie feiern dich wie einen Gott, und fast alle haben dein Album heruntergeladen.
Dein Major meldet sich, das Album blieb hinter den Erwartungen zurück, der Verkauf ist schleppend, naja, eigentlich beschissen. Du bist sauer, du sagst, du willst ein drittes machen, du willst es allen beweisen, ein drittes, mhm, man müsste mal sehen, sagen sie, aber in Wahrheit haben sie dich längst aufs Abstellgleis gestellt. Deine neuen Fans, sie kommen wenigstens zu deiner Show, manche jedenfalls, aber es bleibt hinter den Erwartungen zurück, alles, irgendwie. Deine alten Fans werden immer biestiger, es kommt dir so vor, als ob sie dich regelrecht hassen, wenn du manchmal abends in den Foren nachliest, was sie so schreiben, du habest deinen Arsch verkauft, du seist 'ne Kommerzhure geworden, die Majorschwänze bläst, das ganze Programm.
Dein Hype ist vorbei, nun hat dich die Realität wieder. Leute erkennen dich auf der Straße, aber es ist irgendwie anders geworden, deine zweite CD hat zwar jeder, aber irgendwie hat keiner für sie bezahlt, so kommt es dir zumindest vor. Du schlägst die Zeitschriften auf, dort steht nichts mehr über dich, da ja auch nichts neues mehr kommt, andere Namen stehen dort, neue Namen, neue Newcomer, neue Geheimtipps. Manchmal taucht dein Name noch auf, aber es ist anders, wie gesagt. Du wirst depressiv, wütend, du weißt nicht wohin mit deiner Wut, du würdest gerne ein neues Album machen, aber dein Major lässt dich nicht, du überlegst ob du es wieder independent machen sollst, du willst es allen beweisen, aber es ist irgendwie alles wieder wie zu Beginn, wie bei Myspace, du bist einer von vielen, von sehr vielen.
Dein Vertrag mit dem Major läuft aus, du bist wieder frei, du hast die ganze harte Zeit über an dem Album gesessen, dem neuen, wo du deine Wut, deinen Hass, deine Verletztheit reingesteckt hast, du bringst es independent raus. Es spielt nichtmal die Presskosten ein, denn es gab keinen Major der Promo gemacht hat, die Magazine haben am Rande darüber berichtet. Deine neuen Fans wissen von dem Album nichts, und die alten wollen von dir nichts mehr wissen. Du sitzt auf einem Haufen CDs und fragst dich, was die ganze Scheiße eigentlich noch soll.
Und dann denkst du dir, na gut, und kündigst groß an, dass du aufhören wirst mit Rap, ein letzter Schrei nach Aufmerksamkeit, darüber berichten sie sogar alle, ebenfalls eine Randnotiz, eine Meldung. Und dann sitzt du abends da, liest in den Foren, was sie über dich schreiben, über deine Rücktrittsankündigung, ist eh nur Promo, sagen sie, gut, dass der Spast endlich aufhört, sagen sie, ein Opfer weniger, manche sagen, sie mochten dich, aber ein echter Verlust wäre es nun auch nicht, ganz wenige nur ergreifen Partei für dich, aber sie sind die absolute Minderheit gegenüber denen, die sagen "Er hat doch eh nur wegen der Kohle gerappt, gut dass er aufhört".
Okay.
Nun kannst du aufhören.
Montag, 27. April 2009
Kein Grund zur Beruhigung
- Schweinegrippe: Die Welt kämpft gegen den Killer-Virus
- Schweinegrippe: Wie viele Menschen tötet dieser Virus noch?
- Schweinegrippe: Deutschland rüstet sich gegen Grippevirus
- Post von Wagner: Tödliche Schweinegrippe
- Schweinegrippe: Überrollt das Virus jetzt auch die USA?
- Schon 68 Tote! Schweine-Grippe wütet in Mexiko
Bitte brechen Sie JETZT in Panik aus, gottverdammte Schweinebande!
Sonntag, 22. März 2009
Amoklauf der Prävention
Sollte. Nun, während ich nach diesem langen einleitenden Satz eben Luft hole, lassen wir kurz die öffentliche Meinungsonanie Revue passieren. Die Schuld- und Ursachenfrage konnte im Gegensatz zu Erfurt (Counterstrike & Slipknot!) und Emsdetten (Final Fantasy & Lebensfrust!) nicht eindeutig geklärt werden konnte (Far Cry? Beretta im Nachtisch? Tischtennis? Bondage? oder doch Mozarts "Entführung aus dem Serail"?), was allerdings nicht bedeutet, dass die größten Wichser etwas dazugelernt hätten. Nach wie vor sind es natürlich Killerspiele, irgendwie auch das Waffen-Recht und über 30 Ecken bestimmt auch wieder gewaltverherrlichende Musik, die da Schuld haben. Aber selbst in der BILD-Zeitung wurde die Tatsache, dass es sich lt. Zeugenaussagen bei dem Amokläufer von Winnenden um einen netten, zurückhaltenden jungen Mann gehandelt hat, dem solch eine Tat niemand zugetraut hätte, derartig häufig betont, dass man diesmal nicht auf das eindimensionale Klischee des Killerspiel-Kellerkinds, des soziopathischen Sonderlings zurückgreifen konnte.
Deswegen wurden neben dem üblichen Geschrei & Gegeifer nach der Verschärfung des Jugendschutzes, Waffenrechts etc. nun auch Stimmen laut, die sensibelst eine "Kultur des genauen Hinsschauens" herlamentierten, um "frühe Warnsignale" zu erkennen und ggf. präventiv das schwarzwerdende Schaf in die Reinigung zu kriegen, ehe es zu spät ist. Also ehe es Amok läuft, versteht sich. Das Schaf, das halbschwarze. Verdammt, ist das kompliziert.
Aber wir leben ja in einem Land, welches dankbar auch den schwachsinnigsten Aktionismus bejubelt, hauptsache es sieht so aus, als würde etwas getan. Der Rektor einer Düsseldorfer Schule erzählte der Rheinischen Post stolz, man habe jetzt Präventiv-Maßnahmen eingeleitet: Jeder Schüler solle, natürlich unter vier Augen beim Lehrergespräch, Schüler nennen, bei dem oder denen er "Bedenken" habe. Und dieses Mal werden nicht nur die Killerspiel-Kellerkinder und soziopathische Sonderlinge, die ja ohnehin unter Generalverdacht stehen, die Leidtragenden sein. Denn der Amokläufer von Winnenden war nicht nur "nett" und "zurückhaltend", sondern angeblich auch "depressiv". Aha. Was bei der gegenwärtigen Amok-Hysterie vermutlich dafür sorgen wird, dass jeder, der nicht mit lobotomisiert-fröhlichem Gesichtsausdruck die binomischen Formeln aufsagt, sondern stattdessen mit Sorgenfalte auf der Stirn aus dem Fenster stiert, von einem Team ambulanter Psychologen und Sondereinsatzpädagogen derart therapiert wird, dass ihm gar nichts anderes übrigbleibt als sich krank zu Lachen.
Klar, das ist übertrieben. Aber was ist in diesen Tagen nicht übertrieben? Dass der gesunde Menschenverstand offensichtlich flächendeckend heruntergefahren wurde, sieht man am Deutlichsten an einem weiteren Kollateralschaden der ganzen Geschichte, dem Rapper Kaas und seinem Musikvideo, welches einen Amoklauf zeigt. Das tragische ist hierbei, dass Kaas nun vermutlich der letzte Rapper ist, der in irgendeiner Weise Gewalt verherrlicht; ganz im Gegenteil, gerade Kaas hat eine künstlerische Intention, eine positive Message, er ist letzten Endes der Prototyp des oft als Öko-Hippie-Hopper geschmähten Conscious-Rappers - und ausgerechnet ihn pickt man sich heraus, um einen Sündenbock zu haben. Nein, gesunden Menschenverstand sucht man leider vergebens.
Das Tragische an diesem Beispiel ist jedoch nicht die bisweilen ins Groteske driftende Absurdität des ganzen medialen Spektakels; das Tragische ist, dass allein am Beispiel von Kaas sich dieser ganze schlagzeilentaugliche Genau-Hinschauen-Warnsignale-Beachten-Pomp als der lauwarme Furz entlarvt, der auch letzten Endes ist. Wer genau hingeschaut hätte, hätte den Disclaimer gesehen, den Kaas seinem Video vorangestellt hat, der hätte außerdem festgestellt, dass das Musikvideo Szenen des Diplom-Abschlussfilms „Amok“ von Peter Lenkeit enthält. Aber statt genau hinzuschauen verlegt man sich lieber auf Sperrfeuer.
So ist es auch nicht verwunderlich, dass dem Sperrfeuer vor allem Unbeteiligte zum Opfer fallen, beispielsweise Leute mit roten Haaren. Quatsch, meine natürlich: Leute mit den falschen T-Shirts. Ich habe schon mehrfach von Hirntot-Fans gehört, welche wegen des Tragens von "Hassrapper"-Shirts umgehend zum Rektor ihrer Schule zitiert und darauf hingewiesen wurden, dass solcherlei "rechtsradikale Kleidungsstücke" an der Schule verboten wären. Und beispielhaft auch der Klassenbucheintrag, den ein Schüler erhielt, welcher einen Hirntot-Sticker auf seinem Ordner hatte: "K. befürwortet Gewalt, das zeigt er mit einem Aufkleber der Gruppe 'Hirntot' auf seinem Hausaufgabenheft".
So einfach ist das. Was braucht man auch genau hinschauen, wenn die Amokläufer von morgen schon anhand der Musik, die sie hören bzw. der Kleidung, die sie tragen identifizierbar sind? Nein, nein: solange Lehrer sich für ihre Schüler genausowenig interessieren wie Eltern für ihre Kinder wird sich nichts ändern. Vielleicht ist es an der Zeit zu akzeptieren, dass eine Gesellschaft wie unsere, die immerhin so krank ist sich 20 verschiedene TV-Magazine für ein und dasselbe Fernsehprogramm zu leisten, mitunter abgedrehte Individuen hervorbringt.